Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Forschung

Forschungsschwerpunkte

  • Wirtschaftsgeschichte
  • Hansegeschichte
  • Geschichte maritimer Gewalt
  • Ideen- und Mentalitätsgeschichte der Mediävistik im 20. Jahrhundert

Forschungsprojekt

Maritime Gewalt und Marktzugang im spätmittelalterlichen England

In dem Projekt geht es um wirtschaftliches Handeln und Gewalt; darum maritime Gewalt und die Versuche ihrer Kriminalisierung im spätmittelalterlichen England wirtschafts-, rechts- und politikgeschichtlich zu verorten. „Verortung“ ist dabei Beschreibung und Metapher zugleich. Meine Suche nach dem Ort maritimer Gewalt konzentriert sich auf drei Ebenen und versucht hinter die Spannungen zwischen diesen Ebenen zu blicken.

Geographisch/sozial: Wo ereignet sie sich und welchen Orten wurde sie von Zeitgenossen und wird sie von heutigen Forschern zugeschrieben?

Narrativ/diskursiv: Wo (geographisch, sozial, politisch, ökonomisch) verorten sie die Zeitgenossen?

Strukturell: Wie lässt sie sich aus strukturgeschichtlicher ökonomisch, sozial, rechtlich, politisch verorten?

Damit berührt diese Arbeit Problematiken, die in den letzten Jahren unter Schlagworten wie „Piraterie(-diskursen)“, „maritimer Gewalt“ und ihrer „Ökonomie“, „Strukturwandel“ und „Kriminalisierung“ aufgegriffen worden sind. Pointiert lässt sich der Ausgangspunkt wie folgt formulieren: Gewalt war dem spätmittelalterlichen Wirtschaftsleben strukturell immanent und keine externe Störung. Ich sehe Diskurse wie den „Pirateriediskurs“ als pars pro toto für Kriminalisierungsdiskurse, zu denen etwa auch solche um Strandrecht, Hochverrat, den Bruch von Waffenstillständen oder Friedensverträgen, Schmuggel, die Verletzung von Geleitzusagen oder Zollhinterziehung. Ich verfolge Kriminalisierungen als situative der Diskreditierung, Abwertung und Stigmatisierung anderer. Damit geht es nicht nur um Sprechakte, sondern auch um Visualisierungen der Marginalisierung und des Ausschlusses, um Diskreditierungen etwa durch Straf- und Gewaltpraktiken, aber auch etwa durch Beutepraktiken. Dabei fragt das Projekt danach, wie ökonomische Akteure über die Nutzung von Kriminalisierungsdiskursen ökonomisch handelten; Konkurrenten diskreditierten und stigmatisierten und sich Zugriff zu Ressourcen verschaffen suchten.  Denn Kriminalisierungsdiskurse im maritimen Raum sind nicht zu verstehen ohne den ökonomischen Hintergrund. Meine Hypothese ist, dass als Movens für Kriminalisierungsdiskurse die bis dato in dieser Hinsicht wenig beleuchtete wirtschaftliche Konkurrenz der Akteure und die Aushandlung von Marktzugängen zentral sind und diese weniger durch die „Ausbildung eines staatlichen Gewaltmonopols und Strafanspruchs“ zu verstehen sind, so wie dies die meisten Arbeiten zur Kriminalisierung maritimer Gewalt meinen. Für die spätmittelalterliche Hanse habe ich dazu erste „Probebohrungen“ unternommen, die das Potential deutlich machen. Dagegen nimmt das laufende Projekt mit dem spätmittelalterlichen England indes einen Raum in den Blick, in dem Kriminalisierungsdiskurse durch stärker monarchisch geprägte Muster gekennzeichnet sind. Darüber hoffe ich, einen Beitrag zum Verständnis des Strukturwandels von Handelsrouten und Märkten im Spätmittelalter aus einer spatialen oder wirtschaftsgeographischen Perspektive zu leisten.

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