Forschung
Forschungsschwerpunkte
Deutsche und Europäische Kultur- und Gesellschaftsgeschichte des langen 20. Jahrhunderts
Medien- und Filmgeschichte
Geschichte in Medien und Öffentlichkeit
Historische Bildungsforschung (insb. Geschichte von Bildungstechnologien und Unterrichtsmedien)
Geschichte von Sicherheit, Risiko und Prävention
Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft
Forschungsprojekt
Sicherheit als Siebter Sinn. Verkehrserziehung in (West-)Deutschland 1900-1992
Vom Verkehrskasper über den schulischen Verkehrsunterricht und die Fahrschule bis hin zu Autobahnplakaten: Maßnahmen der Verkehrserziehung begleiteten – und begleiten bis heute – die Menschen von der Wiege bis zur Bahre, um sie zu befähigen, den Unsicherheiten des sich verdichtenden Straßenverkehrs kompetent zu begegnen. Über das Vermitteln theoretischen Wissens hinaus ging es der Verkehrserziehung darum, „richtiges“ Verhalten im Unterbewussten zu verankern, damit es routinisiert abgerufen werden konnte. Ihre Konzepte und Strategien verwiesen auf gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen und standen im Wechselverhältnis mit technologischen und wissenschaftlichen Entwicklungen. Anhand der Verkehrssicherheit fanden vielfältige Aushandlungsprozesse statt – etwa über geeignete Maßverhältnisse von Sicherheit und Risiko, von Regulierung und Selbstorganisation oder über Leitbegriffe wie Gemeinschaft, Demokratie, Freiheit und Selbstverantwortung.
In einer nahezu das ganze Jahrhundert der (Massen-)Motorisierung umfassenden Längsschnittuntersuchung fragt das Projekt nach Veränderungen und Kontinuitäten, Phasen und Konjunkturen der Verkehrserziehung in Deutschland und ihren Wissensordnungen und Praktiken. Das gesellschafts- und kulturgeschichtlich angelegte Projekt arbeitet primär mit einem diskursanalytischen Ansatz, ergänzt um politik-, medien-, bildungs- und technikkulturgeschichtliche Perspektiven. Um Prozesse der Institutionalisierung und Ausdifferenzierung der Verkehrserziehung zu untersuchen, werden archivalische Quellen u.a. aus Verkehrs- und Kultusministerien, Gremien der beiden christlichen Kirchen und den Rundfunkanstalten ausgewertet. Hinzu kommen Publikationen von Automobilclubs und Verkehrssicherheitsverbänden sowie Presseveröffentlichungen. Wissenschaftliche Publikationen aus Verkehrswissenschaft, Psychologie, Soziologie und Pädagogik, darunter einschlägige Fachzeitschriften, erlauben, die Produktion und Weitergabe verkehrssicherheitlicher Expertise und ihre Übersetzung in politische Programme und eine pädagogische Praxis nachzuzeichen. Anhand verschiedenster Bildungsmedien und Kampagnenmaterialien, von Fibeln und Lehrbüchern über Verkehrsspiele und Kinderbücher bis hin zu Slogans und Autobahnplakaten, wird schließlich nach dem Wandel von Lernzielen, didaktischen Mitteln, Appellationsmodi etc. gefragt.