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Forschung

Forschungsschwerpunkte

  • Politische Geschichte des Hoch- und Spätmittelalters, v.a. in England und Frankreich
  • Kulturgeschichte des mittelalterlichen Krieges, mittelalterliche Militärgeschichte
  • Gendergeschichte des Mittelalters
  • Mittelalterliche Stadtgeschichte
  • Pragmatische Schriftlichkeit im Mittelalter

Dissertationsprojekt

For Hunger brekythe the Stone Walle. Französische Städte unter Belagerung im Hundertjährigen Krieg (1337–1453)

"For Hunger brekythe the Stone Walle" schreibt der englische Soldat John Page in einem Gedicht über die erste Belagerung von Rouen (1418–19) im sog. Hundertjährigen Krieg (1337–1453) zwischen England und Frankreich. Page, der im Winter 1418 selbst vor den Mauern der Hauptstadt der Normandie lagerte, beobachtete aus nächster Nähe Mangel, Tod und soziale Krisen aber auch symbolische Kommunikation, preisliche Inflation und kalkulierte Diplomatie in der französischen Stadt unter Belagerung. Er schildert somit wesentliche Erfahrungen der Belagerten, die von der bisherigen Forschung zugunsten militärgeschichtlicher Fragestellungen vernachlässigt worden sind. Dieses Desiderats wird sich die Dissertation annehmen und ergründen, welchen Anpassungs- und Transformationsprozessen französische Städte unter (wiederholter) Belagerung in der Epoche unterworfen waren und wie diese den sozialen, kommunikativen, ökonomischen und politisch-rechtlichen Raum derselben prägten.

Wie gestaltete sich der Alltag der Bewohner:innen einer Stadt unter Belagerung? Wurden soziale Verwerfungen durch die scharf akzentuierte Enge des städtischen Raums in Gang gesetzt? Welche kommunikativen Praktiken gab es, um die Welt vor den Mauern zu erreichen oder die Kriegserlebnisse in der Erinnerung festzuhalten? Inwiefern bestimmten ökonomische Faktoren den Ausgang von Belagerungen und welche finanziellen Maßnahmen konnten Städte ergreifen? Wie wirkten sich diese auf das überlebenswichtige Umland aus? Welche Möglichkeiten der politischen Regulierung und der rechtlichen Sanktionierung gab es? Entstanden nach der Kapitulation neue Loyalitäten oder nur alte Ressentiments? Und welche langfristigen Auswirkungen zeitigten wiederholte Belagerungen derselben Städte über Jahrzehnte hinweg?

Zur Klärung dieser Fragen wird die Dissertation fünf französische Städte unter wiederholter Belagerung (Bordeaux, Caen, Calais, Harfleur Rouen) in der Epoche mithilfe von vier Analyseperspektiven (Alltag und sozialer Raum, Kommunikative Praktiken, Ökonomische Faktoren sowie Regulierung und Sanktionierung) untersuchen. Sie verfolgt einen sozialhistorischen Ansatz und wendet sich gegen das alte Verständnis von Städtebelagerungen als primär militärischen Manövern der Belagerer. Die Arbeit nimmt stattdessen die Städte unter Belagerung vergleichend in den Blick und betrachtet dieses vielschichtige soziale Phänomen in Frankreich – erstmalig in der Forschung – durch die Linse der in die Defensive gedrängten städtischen Bevölkerung, mit dem Ziel, gängige Narrative zu mittelalterlichen Belagerungen zu hinterfragen und somit einen neue Impulse setzenden Beitrag zur Kulturgeschichte des spätmittelalterlichen Krieges zu leisten.

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