Dissertation Brückner
Shirley Brückner: Bürgerlichkeit und Askese |
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Die eschatologische Hoffnung des Pietismus als innerweltliche Erlösungshoffnung, hat ein weltveränderndes Ethos hervorgebracht, das nachhaltig auf lebenspraktische Zusammenhänge gewirkt hat. Eine zentrale Frage der protestantischen Frömmigkeitsbewegung des Pietismus, ist dabei, wie der "wiedergeborene Christenmensch" in einer "verderbten Welt" leben, und diese im pietistischen Sinne verändern kann ("thätiges Christentum")? Im Zentrum der Untersuchung steht die bürgerlichste aller Tugenden: die Arbeit. Untersucht werden soll die Einübung/Internalisierung pietistischer Askese in der Welt, in Absonderung von den "Weltkindern" im institutionellen und räumlichen Rahmen der Franckeschen Anstalten als einer Disziplinierungsarchitektur - einer bewußt geplanten Form, die zum tradierten Vorbild frühneuzeitlicher Waisenhausanstalten werden sollte. Askese, verstanden als das Bemühen um eine systematische, methodisch reflektierte Kontrolle von Körper und Geist; als Züchtigung der Körper, die sich u.a. in Disziplinierungs-, zeitökonomischen, Ernährungs- und Reinlichkeitsvorstellungen und -praktiken niedergeschlagen hat. Als Quellen dienen eine Auswahl der zahlreichen normativen Texte: Predigten, Lehrschriften, (Lebens-)Regeln etc.; anhand ausgewählter Ego-Dokumente soll der Konstitution und Wirkungsweise pietistischer Selbstkontrolle (Fremddisziplinierung | Selbstdisziplinierung) nachgegangen werden. Als drittes wären die umfangreichen Quellenbestände des Archivs der Franckeschen Stiftungen zu nennen, die bei der empirischen Untersuchung des Anstaltslebens befragt werden sollen. |