Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Forschung

Forschungsinteressen

  • Körper- und Emotionsgeschichte der beginnenden Moderne (1880 - 1930)
  • Kultur- und Mediengeschichte der Weimarer Republik
  • Poststrukturalistische Theorieangebote in den Geschichtswissenschaften
  • Ideologeme und Praktiken der historischen Lebensreformbewegung um 1900
  • Muster dt. Antikerezeption (18. - 20. Jahrhundert)

Aktuelle Forschung (Dissertationsprojekt)

„Emotionale Praktiken in der Weimarer Republik“

Die Jahre der Weimarer Republik waren von einem eigentümlichen Amalgam aus Krisendiagnostik und Gestaltungsoptimismus geprägt. Einerseits stand die erste deutsche Republik unter dem Eindruck tiefgreifender Disruptionserfahrungen. Andererseits eröffnete der Zusammenbruch überkommener Referenzrahmen einen Möglichkeitsraum, in dem sich neue kulturelle Ordnungsmuster etablieren konnten. Die erlebte Gegenwart avancierte zu einem Hort der Kontingenz. Vor diesem Hintergrund gewann die Auseinandersetzung mit Emotionen als Mittel der Selbstvergewisserung und -regulierung besondere Bedeutung. Die Fähigkeit, das eigene Fühlen bewusst zu reflektieren und regulierend - vor allem durch die Handhabung des Körpers - in den eigenen Gefühlshaushalt einzugreifen, wurde im Angesicht der Herausforderungen der modernen Gesellschaft zunehmend als Schlüsselkompetenz „erfolgreicher Lebensführung“ diskursiviert. Aus praxeologischer Perspektive lassen sich Emotionen als kulturelle Praktiken verstehen. Die körperliche Dimension des Fühlens rückt in den Fokus. Gefühle erscheinen als Teil habitualisierten Körperwissens. Populäre Lifestyle-Magazine der 1920er Jahre wie der „Uhu“, „das Magazin“, „Scherl’s Magazin“ oder „die Revue des Monats“ fungierten als diskursive Räume, die Debatten um „das“ Leben in der Moderne und seiner emotionalen Bewältigung einer breiten Öffentlichkeit in verständlicher Weise zugänglich machten. Als Multiplikator*innen einer expandierenden Freizeit- und Massenkultur verhandelten Autor*innen hier unterschiedliche körpernahe Praxiskomplexe als Instrumente der emotionalen Stabilisierung oder Stimulierung und propagierten ein aktives Gefühlsmanagement. Jazzmusik und Ausdruckstanz, physical culture, das weekend und lebensreformerische Naturerfahrung, aber auch urbanes Nachtleben, Schönheitsoperationen oder die Einnahme diverser Hormonpräparate avancierten hier zu emotional practices. An dieser Stelle setzt mein Dissertationsprojekt an: In welcher Form dient die mediale Auseinandersetzung mit Emotionen als gegenwartsdiagnostischer Reflexionsraum? Inwiefern werden Machtverhältnisse durch den Rekurs auf das Fühlen (re)produziert oder infrage gestellt? Und schließlich: Wie wird das Fühlen zum zentralen Knotenpunkt gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse „gelungener“ Lebensführung und Subjektivität? Welche Rolle spielen dabei zentrale Kategorien wie gender, ethnicity und age?

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