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Forschung

Derzeitige Forschungsprojekte der Professur für Zeitgeschichte

(nach den Forscher*innen alphabetisch sortiert)

Katharina Eger

Angekommen in der Transformation – Selbstreflexionen zu erwerbsbiographischen Auf(Brüchen) ostdeutscher Teilnehmer*innen im Tagebuchprojekt des ZiF (1990-1997)

Kaum eine rückblickende Auswertung der Umbruchsphase nach 1989/90 verzichtet auf die These, ostdeutsche Frauen seien die Verliererinnen der Wiedervereinigung gewesen. Zwar wurde in der DDR die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt verfassungsrechtlich verankert und durch sozialpolitische Unterstützungsmaßnahmen zum Selbstverständnis der Arbeitnehmerinnen. Dennoch bestand weiterhin die frauenspezifische Doppelbelastung von Beruf und Familie. Dementsprechend bedeutete der Abbau von Sozialleistungen in den 1990er Jahren vorrangig schlechtere Bedingungen für die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Sorgearbeit für ostdeutsche Frauen.

Mit den im Herbst 1990 geführten Tagebüchern und 1994/1997 ergänzten Nachschriften aus einem sozialwissenschaftlichen Forschungsprojekt des Zentrums für interdisziplinäre Frauenforschung an der Humboldt Universität Berlin liegen komplexe Quellen der Transformationszeit vor. Wie die ostdeutschen Schreiber*innen ihre individuellen Lebens- und Berufslagen unter Berücksichtigung geschlechterspezifischer und DDR geprägter Erfahrungen schreibend reflektieren steht im Zentrum des Dissertationsvorhabens.

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Julia Gross

Die Abtreibungserfahrungen von Jüdinnen und Juden in Philadelphia (USA) in der Umbruchsphase zwischen 1960 und 1980.

Abtreibung war und bleibt ein Reizthema innerhalb der amerikanischen Gesellschaft seit der Mitte des letzten Jahrhunderts. Besonders die kürzlich erlassene rechtliche Einschränkung durch das Oberste Gericht und Abtreibungsverbote in mehreren U.S. Staaten werden kontinuierlich in den amerikanischen Medien verhandelt.

Trotz einer breit aufgestellten Forschung zur Abtreibungsthematik gibt es verhältnismäßig wenig Erkenntnisse darüber, wie die Entscheidungen für Abtreibungen innerhalb ethnisch-religiöser Minderheiten wahrgenommen werden. Eine solche Minderheit stellt die jüdische Bevölkerung in den USA dar.
Ausgehend von dem Wissen um eine liberale Haltung des halachischen Judentums in Bezug auf Abtreibungen, fragt das Dissertationsprojekt nach dem Zusammenhang zwischen jüdischer Identität und der Abtreibungserfahrung in der prekären Übergangsphase von rechtlicher Illegalität hin zu staatlich autorisierter Abtreibungspraxis (1960-1980).
Die Dissertation ist als Oral History Projekt angelegt. In ihrem Fokus stehen hauptsächlich jüdische Frauen, deren Erfahrungen mit illegalen und legalen Abtreibungen durch männliche Zeugnisse ergänzt werden.

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Anna Elisabeth Keim

Geliehene Arbeit. Leiharbeit in den arbeitsmarktpolitischen Debatten von der späten Weimarer Republik bis in die frühe Bundesrepublik (1929 – 1975)

Ausgehend von der Entstehung des Problemfeldes Leiharbeit im arbeitsrechtlichen Schrifttum der späten Weimarer Jahre rekonstruiert das Dissertationsprojekt die sich wandelnden Praktiken, die gesellschaftlichen (Um-)Deutungen sowie Konfliktlagen der Leiharbeit über mehrere politische Systembrüche hinweg. Es erweitert so den Blickwinkel der zeithistorischen Forschung, die Leiharbeit zumeist erst mit arbeitsmarktpolitischen Entwicklungen „nach dem Boom“, also nach etwa 1973, verbindet. Die Untersuchung verfolgt die Leitfrage, weshalb es jenseits politischer Mehrheiten am Ende des Nachkriegsbooms in der Bundesrepublik zu einer Verankerung der Leiharbeit als normalisiertem Arbeitsmarktsegment kommen konnte. In den Fokus treten hierbei verschiedene Akteure des Dienstleistungssektors, die in den 1960er und 70er Jahren nicht nur das Gegenmodell einer „Zeit-Arbeit“ erschufen, sondern auch ein neues Bild dessen lancierten, was einen „modernen Staat“ im Bereich des Arbeitsmarktes ausmachen sollte.

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Katharina Krüger

Lebensrisiken, soziale Beziehungen und Topographie der „fremdvölkischen“ Klasse in der Stadtgesellschaft von Halle (Saale) 1939-1945,

gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Das Projekt untersucht ein Phänomen, das seit vielen Jahren in Gesamtdarstellungen zur Geschichte des sogenannten Dritten Reiches immer wieder angerissen und als Desiderat benannt, bisher jedoch kaum systematisch untersucht wurde: Durch den Zugriff auf ausländische Menschen als Arbeitskräfterepertoire wurden deutsche Stadtgesellschaften in den Kriegsjahren zunehmend zu multiethnischen Gesellschaften, die durch ein repressives Alltagsregime als System rassistisch definierter Ungleichverhältnisse strukturiert waren.

Die „völkische“ Ordnung der Ungleichheit gruppierte die Menschen im deutschen Machtbereich durch Privilegierungen und Diskriminierungen in ein Stufensystem unterschiedlicher Wertigkeiten, aus dem sich signifikant unterschiedliche Lebenschancen ergaben. Das Projekt fasst die heterogene Gruppe von Kriegsgefangenen, Zivil- und Zwangsarbeitern in Anlehnung an sozialwissenschaftliche Begriffsbildungen als politische, d.h. durch die rassistische Ordnungspolitik des NS-Regimes und davon abgeleiteten soziale Praktiken konstituierte Klasse. Die Sozialgeschichte dieser Klasse, ihre Lebensbedingungen, ihre sozialen Beziehungen untereinander und Interaktionsmuster mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft sowie ihre Handlungsspielräume im Alltag der Kriegsgesellschaft stehen im Fokus des Forschungsprojekts. Exemplarisch werden diese Aspekte anhand der Stadt Halle (Saale) untersucht.

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Hartmut Peter

Deutsch-russische Beziehungen zwischen 1890 und 1940

Mein Forschungsschwerpunkt liegt auf Problemen der deutsch-russischen Wissenschafts- und Hochschulbeziehungen vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg im Kontext von Migration und Exil. Mich interessieren u.a. die studentische Migration aus dem Russischen Reich an deutsche Universitäten und ihr Beitrag zum Wissens- und Kulturtransfer und die Rezeption der „humboldtschen Universitätsidee“ in den russischen Debatten über eine Reform des Universitätssystems. Ein weiterer Schwerpunkt meines Interesses liegt auf dem nachrevolutionären intellektuellen/wissenschaftlichen Exil in Deutschland und der Geschichte des Russischen Wissenschaftlichen Instituts in Deutschland.

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Felix Schneider

Polizei in der Transformation. Untersuchung zum Wandel der Polizei in Ost- und Westdeutschland während der 1980er und 1990er Jahre.

Am Ende des SED-Regimes scheiterten die bewaffneten Organe der DDR und insbesondere die Deutsche Volkspolizei bei der Unterdrückung von Demonstrationen. Den Volkspolizist*innen mangelte es an jenen Erfahrungen mit großen Menschenansammlungen, die ihre Kolleg*innen aus der BRD durch die „neuen sozialen Bewegungen“ in den zwei Jahrzehnten vor der Wiedervereinigung hatten sammeln können. Auch fehlte der gesellschaftliche Aushandlungsprozess, der am Ende der 1980er-Jahre deutlich den Schutz der Demonstrierenden als Grundrechtsträger in den Fokus der westdeutschen Polizeiarbeit stellte.

Daran anknüpfend möchte das Dissertationsvorhaben die Geschichte der Polizei in Ost- und Westdeutschland mit einem Fokus auf Praxis, Ausbildung und Debatten rund um dieses Feld der Polizeiarbeit in den 1980er-Jahren vergleichend untersuchen und mit der „wiedervereinigten“ Polizeigeschichte der 1990er-Jahre verknüpfen. Der räumliche Fokus liegt dabei auf den Bezirken Magdeburg und Halle bzw. dem heutigen Sachsen-Anhalt sowie Niedersachsen.

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Das Projekt wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert.

Link zur Stipendiant*innenseite der Bundesstiftung: Felix Schneider | Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (bundesstiftung-aufarbeitung.de)   

Link zur ausführlicheren Beschreibung des Dissertationsvorhabens: schneider_felix_reader.pdf (bundesstiftung-aufarbeitung.de)   

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Patrick Wagner

Revolten in Transformationen / Transformationen in Revolten

Derzeit beschäftigt mich die Frage, wie (in ihrer Zeit) spektakuläre Akte kollektiver Gewalt innerhalb der Geschichte gesellschaftlicher Transformationsprozesse zu verorten sind: Inwieweit sind sie jeweils noch aus den Strukturen des alten, zerfallenden Systems oder schon aus den Herausforderungen der neuen Gesellschaft zu erklären? Und geben sie als mikrohistorische Momentaufnahmen den Blick frei auf Aspekte von Transformationsgesellschaften, die wir über andere Zugänge nicht erkennen? Diesen Fragen gehe ich am Beispiel einer ostpreußischen Landarbeiterrevolte von 1874, eines halleschen Lynchmordes von 1919 und des Rostocker Pogroms von 1992 nach. Die diachrone Spreizung wirft eine dritte Frage auf: Welchen Mehrwert hat eine Untersuchungsperspektive, die sich von den vergleichsweise beschränkten Zeithorizionten zeithistorischer Forschung löst?

Während das skizzierte Projekt bald in eine Monographie münden soll, ist ein Lehr-Forschungsprojekt zur ostdeutschen Erfahrungsgeschichte der transformativen 1990er Jahre langfristig angelegt. Studentische Interviewer*innen sammeln in diesem Projekt die Lebensgeschichten älterer Hallenser*innen.

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